Nicht eine Sprache hat den Menschen aus dem Tierreich heraustreten lassen, sondern dessen Mathematisierung.
 

Trialistische Kosmologie

Synkretistische kopernikanische (anthropodezentrische) Drei-Welten-Lehre

Für all diejenigen, für die die Ideen mit dem Spagettimonster oder der Realitätstheorie nicht vollständig befriedigend sind, hätte ich folgende Drei-Welten-Lehre als Angebot.

Ausgehend von der Betrachtung einer Vielzahl von Paradoxien und inspiriert insbesondere durch Roger Penrose Buch "Schatten des Geistes: Wege zu einer neuen Physik des Bewußtseins" von 1994 ist diese Drei-Welten-Lehre in gewisser Weise ein Abschied von der Hoffnung ein intellektuell redlich vertretbares Weltbild mit einer kompakten und konsistenten Basis finden zu können. Daraus würde insbesondere folgen, dass es nicht möglich ist eine in sich konsistent Theorie der Quantengravitation zu formulieren, und somit auch keine Weltformel. Insofern ist sie ebenfalls eine Synthese aus externalistischen und internalistischen Theorien und als solche gewissermaßen ein metareligiöses System. Ein bekanntes Beispiel für eine trialistische Konstellation ist Hegels dialektische Logik aus These, Antithese und Synthese. Wenn man These und Antithese jeweils der Descartes- und der Platonwelt zuordnet, besteht die Synthese aus allen drei Welten zusammen. Oder anders ausgedrückt lässt sich diese Kosmologie als verhegelte Allsynthese, ausgehend von der Unlösbarkeit des Universalienproblems, beschreiben.

Descarteswelt       Humewelt       Platonwelt  
Funktionalismus, Physikalismus Skeptizismus, Konstruktivismus Platon-, Pragmat-, Idealismus - philosophische Anschauungen
relativ unentscheidbar absolut/ewig - Frage nach der Wahrheit
ungerichtet gerichtet virtuell - Frage nach der Zeit
unfrei transaktionalistisch frei - Frage nach dem Willen
virtuell sterblich unsterblich - Frage nach der Seele
Formalismus, Deduktivismus Intuitionismus, Konstruktivismus Platonismus - mathematische Anschauungen
Klassische Logik
 
Intuitionistische Logik,
Modallogik
Parakonsistente Logik,
Quantenlogik
- Logik
 
Allgemeine Relativitätstheorie Thermodynamik Quantenmechanik - Physik
Atome, Relationen, Mengen Multimengen, Listen, Bäume, Graphen Objekte, Klassen - Datenstrukturen
Syntax Semantik Pragmatik - Semiotik
symbolische KI neuronale KI verkörperte KI - Künstliche Intelligenz
 

Als gute Metapher für die Drei-Welten-Lehre funktioniert die Riemannsche Zahlenkugel. Dabei gelten folgende Entsprechungen:

Platonwelt = P(∞)
Descarteswelt = P(0)
Humewelt = alle P(x) für x ∈ ℂ \ {0}

Dabei werden die Punkte x ∈ ℂ der komplexen Zahlenebene auf die Schnittpunkte P(x) der Geraden durch P(∞) mit der Zahlenkugel auf eben diese abgebildet.



Dieser Metapher folgend könnte man sagen, dass die Descarteswelt P(0) als Archimedischem Punkt mit der Platonwelt P(∞) als idealem Punkt zusammen die Humewelt aufspannt. Die Humewelt ist also die Welt in der wir leben, aber sie würde nicht existieren ohne die beiden anderen. Verglichen mit anderen Drei-Welten-Lehren könnte man zwar die Platonwelt mit der Welt des Logos in Beziehung setzen, eine Trennung zwischen physischen und mentalen Welten ist aus neutral monistischer Sicht jedoch nicht zielführend.

Mathematisch betrachtet ist eine Riemannsche Zahlenkugel ein topologischer Raum und als solcher eine Kompaktifizierung der komplexen Zahlenebene. Durch die Hinzunahme des idealen Punktes P(∞) wird aus der unendlichen ebenen Fläche eine endliche Sphäre. P(∞) repräsentiert in gewisser Weise die Unendlichkeit der komplexen Zahlenebene, und macht diese durch die Kompaktifizierung etwas anschaulicher bzw. beherrschbarer.

Die Frage nach dem, was denn nun real ist, bleibt schwierig. Sie kann für jede der drei Welten getrennt betrachtet werden. Folgende Tabelle zeigt die aus meiner Sicht vier häufigsten und neun weitere Standpunkte:

Descarteswelt Humewelt Platonwelt  
irreal mystisch real - Theisten
irreal real mystisch - realistische Agnostiker
irreal irreal mystisch - konstruktivistische Agnostiker
real mystisch irreal - Atheisten
irreal irreal real - fundamentalistische Theisten
irreal real irreal - Amoralisten
real irreal irreal - fundamentalistische Atheisten
irreal irreal irreal - radikale Konstruktivisten
mystisch mystisch real - theistische Mystiker
mystisch real mystisch - realistische agnostische Mystiker
mystisch irreal mystisch - konstruktivistische agnostische Mystiker
real mystisch mystisch - atheistische Mystiker
mystisch mystisch mystisch - trialistische Mystiker

Natürlich sind alle 27 Kombinationen möglich, aber z.B. zwei Welten gleichzeitig als real zu betrachten, kann der geistigen Gesundheit nur abträglich sein. Wirkliche Amoralisten sind ebenfalls selten. Radikale Konstruktivisten behaupten zwar, vollständig auf den Begriff der Realität verzichten zu wollen. In der Praxis ist dieses jedoch nicht umsetzbar. Aus trialistischer Sicht sind alle drei Welten irgendwie gleichzeitig real und irreal (imaginär, virtuell) und somit mystisch. Es könnte alles aber auch ganz anders sein. Wittgenstein sehe ich am ehesten als Mystiker. Den frühen als atheistischen und den späten als agnostischen.

Durch den Erfolg von ChatGPT sind KI-System auf der Basis eines large language models aktuell in aller Munde. Inspiriert durch Roger Penrose, möchte ich einen verschärften Turing-Test als Kriterium für eine starke KI vorschlagen. Eine solche müsste in der Lage sein, eigenständig einen neuen bedeutenden mathematischen Beweis zu finden. Bedeutend müsste er insofern sein, das er die bestehende Mathematik erweitern, d.h. das er neue Einsichten hervorbringt. Meine Intuition zum Thema aktueller künstlicher neuronaler KI-Systeme und Deep-Learning ist, dass sie zu derartigem genau nicht in der Lage sind. Eine vergleichbare Beschreibung derartiger Systeme wäre die als eines maschinell-intelligenten Bullshit-Generators , welcher eine Immanenzhölle zur Folge haben könnte.

 Literatur

Lee Smolin, The Trouble with Physics, 2006
Peter Woit, Not Even Wrong: The Failure of String Theory & the Continuing Challenge to Unify the Laws of Physics, 2006
Roger Penrose, Schatten des Geistes: Wege zu einer neuen Physik des Bewußtseins, 1994
Sabine Hossenfelder, Das hässliche Universum: Warum unsere Suche nach Schönheit die Physik in die Sackgasse führt, 2018
 

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